Einen alten Brother-Drucker unter macOS 11 (oder höher) weiternutzen

Ich staunte kürzlich nicht schlecht, als ich erkannte, dass Brother keinen macOS 11-Treiber für meinen treuen Laserdrucker DCP-7055W bereitstellen würde. Nur ausgewählte “Alt-Drucker” können unter macOS 11 (Codename Big Sur) weiterverwendet werden. Grmpf.

Ein Downgrade auf macOS 10.15 (Codename Catalina), das meinen Drucker noch unterstützt, kam für mich nicht wirklich infrage. Dies wäre auf meinem M1-Mac, der bereits mit macOS 11 ausgeliefert wurde, aufgrund seiner neuartigen ARM-Architektur ein schwieriges bis hoffnungsloses Unterfangen geworden. Andererseits empfand ich es selbst nach sechs Jahren als zu früh, einen funktionierenden Drucker aufgrund eines Betriebsystem-Upgrades dem Schrott zu überantworten. Nachhaltigkeit sieht anders aus.

Brother empfiehlt für die abgekündigten Drucker übrigens einerseits die Verwendung von Airprint – das kann mein DCP-7055W leider nicht –, andererdings die Benutzung der hauseigenen iPrint&Scan-App. Die funktioniert unter iOS zwar wunderbar, unter macOS allerdings stellt sie mir nur die Scanner-Funktion des DCP-7055W zur Verfügung, nicht aber den eigentlichen Drucker. Nochmals grmpf.

Mein bester Freund, dem ich in einem Telefonat mein Leid klagte, gab mir den Tipp, einen Druckserver aufzusetzen, der den Drucker treibertechnisch noch unterstützt und diesen im Netzwerk allen Rechnern (und damit auch meinem “zu neuen” Mac) zur Verfügung stellt. Ein neuer Job für: Raspberry Pi Zero!

Natürlich kann so ziemlich jeder ausrangierte Rechner als Printserver fungieren, aber platz- und stromsparender als ein Pi Zero geht es ja gar nicht. Meine Einkaufsliste sah daher wie folgt aus:

  • ein Raspberry Pi Zero W
  • ein passendes Netzteil (z.B. das offizielle)
  • ein passendes Gehäuse (z.B. das offizielle, obwohl man bei letzterem immer den ganzen Pi rausnehmen muss, um an die microSD-Karte zu kommen)
  • eine microSD-Karte (8 oder 16 GB)

Kostentechnisch landete ich da irgendwo zwischen 30 und 40 €. Für mich allerdings ein vertretbarer Preis, wenn es darum geht, einem veralteten Drucker neues Leben einzuhauchen. 🙂 Und los gings:

Von null auf Printserver in zehn Schritten

Schritt 1: Ich lud ein Image der Lite-Version des Raspberry Pi OS hier herunter und installierte es mithilfe von balenaEtcher auf der microSD-Karte.

Schritt 2: Damit ich den Pi Zero headless (also ohne Monitor, per SSH) und wireless ansprechen konnte, mussten im boot-Verzeichnis der microSD-Karte zwei Text-Dateien abgelegt werden: eine leere namens ssh (ohne Dateiendung) und eine namens wpa_supplicant.conf, die Folgendes enthielt:

ctrl_interface=DIR=/var/run/wpa_supplicant GROUP=netdev
update_config=1
country=de
network={
ssid="MeinWLAN"
psk="MeinWLANPasswort"
}

So klinkt sich der Pi nach dem Start gleich ins WLAN ein und kann per SSH ferngewartet werden.

Schritt 3: Ich suchte für den Pi ein schönes Plätzchen und gab ihm mit dem Netzteil Saft.

Schritt 4: Ich öffnete das Terminal in den Dienstprogrammen von macOS und loggte mich in den Pi ein:

ssh pi@raspberrypi

Die nachfolgende Meldung kann man mit yes bestätigen. Das Standard-Passwort für den Benutzer pi lautet raspberry.

Schritt 5: Ich aktualisierte die Software.

sudo apt-get update && sudo apt-get upgrade

Das dauerte einige Momente. Die auftauchenden Meldungen bestätigt man natürlich mit y.

Schritt 6: Ich installierte das Drucksystem CUPS.

sudo apt-get install cups

Die auftauchenden Meldungen bestätigt man natürlich wieder mit y.

Schritt 7: Nun musste die Konfigurationsdatei von CUPS angepasst werden. So öffnet man sie im Editor nano:

sudo nano /etc/cups/cupsd.conf

Hier mussten zunächst die Zeilen

# Only listen for connections from the local machine
Listen localhost:631

wie folgt abgeändert werden:

# Only listen for connections from the local machine
# Listen localhost:631
BrowseAddress @LOCAL
Port 631

Außerdem musste jede Zeile namens

</location>

wie folgt verändert werden:

Allow @LOCAL
</location>

Dann beendete ich den Editor mit STRG+X und speicherte alle Änderungen mit y. Den Dateinamen bestätigte ich abschließend mit der Eingabetaste.

Zukünftig würde der Pi alle angeschlossenen Drucker im Netz freigeben. Yee-haw.

Schritt 8: Der CUPS-Dienst musste danach natürlich einmal neugestartet werden:

sudo service cups restart

Schritt 9: Es war Zeit für einen Test: Im Browser steuerte ich die Adresse

http://raspberrypi:631

an. Tatsache, CUPSens Weboberfläche erschien und bot mir an, einen Drucker hinzuzufügen. Die Einrichtung ist einfach – man darf nur nicht vergessen, den Drucker im Verlauf der Einrichtung explizit freizugeben.

Aber zu früh gefreut! Kurz vor der Ziellinie stellte sich heraus, dass CUPS keinen Treiber für meinen Brother DCP-7055W vorrätig hat. Himmi-Sakra!

Ich wollte an dieser Stelle fast aufgeben, als ich mir dachte: “Ach komm, google mal, wer weiß…” Und tatsächlich! Ein netter Mensch namens Peter De Wachter hat populäre Brother-Treiber freundlicherweise für den Raspberry Pi angepasst. Und die installierte ich dann frohen Mutes in…

Schritt 10: Ich ging noch einmal zurück ins Terminal und installierte mit

sudo apt-get install printer-driver-brlaser

die heiß ersehnten Treiberchen. Die Installation muss natürlich wieder mit y bestätigt und CUPS abschließend neugestartet werden:

sudo service cups restart

Als ich danach zurück in die CUPS-Oberfläche sprang, stand mir schließlich der richtige Treiber für meinen Drucker zur Verfügung. Nach dem Hinzufügen konnte ich von jedem Computer im WLAN aus einen Druckauftrag an meinen Brother senden. Via Airprint auch von allen iOS-Geräten.

Abschließende Anmerkungen

  1. Das oben verwendete Treiberpaket brlaser soll die nachfolgenden Drucker zum Laufen bringen:
  • Brother DCP-1510 series
  • Brother DCP-1600 series
  • Brother DCP-7030
  • Brother DCP-7040
  • Brother DCP-7055
  • Brother DCP-7055W
  • Brother DCP-7060D
  • Brother DCP-7065DN
  • Brother DCP-7080
  • Brother DCP-L2500D series
  • Brother DCP-L2520D series
  • Brother DCP-L2520DW series
  • Brother DCP-L2540DW series
  • Brother HL-1110 series
  • Brother HL-1200 series
  • Brother HL-2030 series
  • Brother HL-2140 series
  • Brother HL-2220 series
  • Brother HL-2270DW series
  • Brother HL-5030 series
  • Brother HL-L2300D series
  • Brother HL-L2320D series
  • Brother HL-L2340D series
  • Brother HL-L2360D series
  • Brother HL-L2375DW series
  • Brother HL-L2390DW
  • Brother MFC-1910W
  • Brother MFC-7240
  • Brother MFC-7360N
  • Brother MFC-7365DN
  • Brother MFC-7420
  • Brother MFC-7460DN
  • Brother MFC-7840W
  • Brother MFC-L2710DW series
  • Lenovo M7605D
  1. Sollte CUPS den User pi keine Drucker hinzufügen lassen, kann man ihm hierüber Druckeradministrationsrechte verleihen:
    sudo usermod -aG lpadmin pi
  • Den Neustart von CUPS nicht vergessen. 😉